31. Oktober ist für viele Menschen der Tag der Kürbisköpfe, der Gruselpartys und der Geister-Verkleidungen. „Trick or Treat“ fragen die Kinder an der Tür und Bewohner kaufen sich mit ein paar Süßigkeiten von bösen Streichen frei.
Solche Traditionen gehen eher auf die keltischen Samhain-Rituale zurück, die über Irland und die USA auch nach Deutschland gekommen sind. Dabei kommen sie ironischerweise dem Reformationstag, der am 31. Oktober offiziell gefeiert wird recht nahe. Denn im dunklen Herbst hatten die Menschen schon früher Angst vor Schatten, Lichtern und todbringenden Geistern, die sie im Dunkel vermutet haben. Und die Angst vor dem Tod haben sich Machthaber zunutze gemacht und gegen Bezahlung Ablassbriefe ausgehändigt, die ein besseres Leben oder weniger Leid nach dem Tod versprachen. Also auch ein „Trick or Treat“-Geschäft. Rund um den Feiertag „Allerheiligen“ am 1. November war das Geschäft mit dem gekauften Seelenheil groß. Deshalb hat der Mönch Martin Luther 1517 am Vorabend des Allerheiligenfestes einen Protestbrief gegen Ablass und religiöse Geldmacherei veröffentlicht. Der Legende nach hat er seine 95 Thesen an die Schlosskirche von Wittenberg genagelt, sodass sie jeder lesen konnte. Damit hat er einen breiten Diskurs angestoßen, der als Folge zur Reformation der Kirche, zu breiter Bildung im Volk, und dem modernen Denken geführt hat. Die Demokratie wie wir sie heute kennen, geht also auf diesen Prozess zurück, auch wenn es ein langer und blutiger Weg war.
Wenn Menschen sich also heutzutage am Vorabend zu Allerheiligen („All-Hallows-Evening = Halloween) als furchteinflößende Skelette verkleiden und „Süßes oder Saures“ fordern, dann spielen sie damit quasi den Vorabend der Reformation nach, an dem Menschen reale Ängste hatten, denen sie nur durch Geldleistungen entkommen konnten. Um wirklich frei von Ängsten zu werden, hilft das Vertrauen auf einen gnädigen Gott, der uns auch ohne Gegenleistung liebt und jeden Menschen gleichermaßen wertschätzt. Die passende Party würde also mit Schreckensgrimassen und Streichen starten und mit einem hoffnungsvollen Lutherchoral enden.
„Ein feste Burg ist unser Gott, ein gute Wehr und Waffen. Er hilft uns frei aus aller Not, die uns jetzt hat betroffen. […] Und wenn die Welt voll Teufel wär und wollt uns gar verschlingen, so fürchten wir uns nicht so sehr, es soll uns doch gelingen. Der Fürst dieser Welt, wie sau’r er sich stellt, tut er uns doch nicht; das macht, er ist gericht’: ein Wörtlein kann ihn fällen.“
Eine ungarische Kurzfilmserie stellt übrigens das Leben Martin Luthers, die Reformation und deren Folgen plastisch und durchaus halloweentauglich in 10x 15min dar. Hier kann man die deutsche Version inklusive Unterrichtsmaterial finden: https://schulprojekte-reformation.de/bibliothek/leben-luther/
Im nächsten Jahr wollen wir uns bei GeistRaum mit Martin Luther und Thomas Müntzer beschäftigen. Rund um Bad Frankenhausen wird den grausamen Bauernkriegen vor 500 Jahren gedacht, die viel Leid gebracht haben, aber ein wichtiger Schritt im Prozess der Reformation waren (in der Animations-Serie ist das Folge 9!). Da wird uns die Reformation also noch weiter beschäftigen.